Stellplatzverordnung: Ideologie pur

Bei der Sitzung des Stadtrates am 6.4.2022 ging es um die neue Stellplatzverordnung.  Diese sieht vor, dass man die geforderten Stellplätze um bis zu 10% reduzieren kann, wenn der Bauherr ein Mobilitätskonzept vorlegt.
Diese 10% waren dem Stadtrat sogar noch zu wenig weshalb es dann auf 25% angehoben wurde.

Hier mein Redebeitrag:
„Gänzlich unnötig halte ich die Berücksichtigung von Mobilitätskonzepten.

Nach Wunsch der Vorlage werden dem Bauherrn also Stellplätze erlassen, wenn er ein sog. Mobilitätskonzept vorlegt. Er -und auch die Stadt- wissen freilich nicht, ob die zukünftigen Mieter das in Anspruch nehmen.

Die Stellplätze können demnach reduziert werden durch Teilnahme an einem Car-Sharing-Konzept. Wer soll das kontrollieren? Wie oft muss man das machen? Dürfen die Mieter dann gar kein Auto mehr haben?

Auch wenn man E-Bikes, Lastenräder bereitstellt oder teilt bzw. Abstellflächen dafür schafft, könne man Stellplätze reduzieren. Auch hier gilt: wer kontrolliert das? Und vor allem, wieso werden E-Räder dabei berücksichtigt, Bewohner, die mit dem normalen Rad fahren, aber nicht? Die Nutzung eines normalen Rades reduziert den Autoverkehr auch.

Was bedeutet der schwammige Begriff: „weitere innovative Mobilitätsangebote, auch ÖPNV“?

Müssen die Mieter dann Bus- und Bahntickets vorlegen um die Nutzung des ÖPNV zu belegen? Wie viele und wie oft? Wie handhabt man das dann bei Fahrgemeinschaften? Das alles ist nicht sinnvoll kontrollierbar.

Weist der Bauherr auf Bus- und Bahnverbindungen hin, regt Car-Sharing an und stellt zwei gebrauchte E-Räder für 3000 € in den Keller dann kann er sich womöglich zwei Stellplätze für 16 000 € sparen.

Das Konzept geht nicht auf und ist schwammig und nicht zu Ende gedacht. Außerdem ist es unnötig. Und es würde sinnlos Arbeitskraft der Verwaltung binden.“

 

Keine einzige meiner Fragen wurde beantwortet! Ideologisch gesteuert wollte man schlicht ein Mobilitätskonzept mit einbinden, auch wenn es nicht kontrolliert werden kann und zu viele offene Fragen hinterlässt. Das wird der Manipulation Tür und Tor öffnen.

Ich wies in der Diskussion dann noch auf zwei weitere Punkte hin:

  1. In der Satzung steht, Stellplätze sind mit wasserdurchlässigen Belägen zu befestigen. Das kann ja nur bei oberirdischen Stellplätzen gelten und nicht etwa bei Tiefgaragen etc. Das sollte man in der Satzung abändern und klar formulieren.
  2. Bei Wohnungen für den sozialen Wohnungsbau sind Ladesäulen für Elektroautos anzubringen, so die Stellplatzsatzung. Sozialer Wohnungsbau ist für arme Menschen. Ich glaube nicht, dass davon einer ein Elektroauto fährt und deshalb eine Ladesäule braucht.

Keiner der beiden Einwände wurde berücksichtigt! Ich habe deshalb als einziger gegen die neue Stellplatzsatzung gestimmt.

Zwei Monate später kam das Thema im Planungs- und Umweltausschuss zur Sprache.

Da nämlich gab es einen Antrag, auf einen nachzweisenden Parkplatz bei einem Sanierungsprojekt zu verzichten.

Dazu wurde ein Mobilitätskonzept ausgearbeitet.

Sagte man.

Aber eigentlich war es ausschließlich eine Auflistung dessen, was sich alles in der Nähe befindet (Bank, Bahnhof, Bushaltestation, Supermarkt usw.). Von einem Mobilitätskonzept keine Spur. So eine Auflistung kann quasi fast jeder vorlegen- und somit eigentlich nachzuweisende Stellplätze vermeiden. Ich habe das angesprochen, aber es hat niemanden interessiert.

Der Bürgermeister meinte dazu nur, dass man von der Satzung ja abweichen könne.

Also, man hat eine Satzung eingeführt die man selbst nicht ernst nimmt und die es quasi jedem ermöglicht, auf Stellplätze zu verzichten.

Pikant: Diejenigen, die das Mobilitätskonzept vorgeschlagen und durchgesetzt haben, waren dann auch die ersten, die es zur Einsparung eines Stellplatzen auch ausgenutzt haben! Und dabei die selbst aufgestellten Regeln missachteten!

 

Nachtrag zu „Stellplatzverordnung – Ideologie pur
Nachtrag (23.10.23). In der letzten Ausschusssitzung beantragte wieder ein Bauherr eine Befreiung eines Stellplatzes. Natürlich berief er sich auf das sog. Mobilitätskonzept, das ja den Verzicht auf Stellplätze erlaubt. Wie sieht nun dieses vorgelegte Mobilitätskonzept aus? Eine Auflistung von Geschäften und Ämtern, die in der Nähe sind. Und das „Anbringen von 3 Ladestationen für Elektroräder.“ Also drei ganz normale Steckdosen, denn E-Räder können an der üblichen Steckdose geladen werden.
Fazit: man schreibt auf was alles in der Nähe ist, sagt, man könne alles mit dem Rad erreichen und bringt drei Streckdosen im Keller an- und schon spart man sich 8000€ für eine Stellplatzablöse. Das war dann selbst dem Stadtrat nicht geheuer und er legte fest, dass die Ablöse um 50% reduziert wird. Also nochmal: schnell mal aufschreiben was sich so alles in der Nähe befindet, drei Steckdosen einbauen- und schon hat man 4000€ gespart.
Dass man nun überhaupt eine Ablöse verlangt ist zudem seltsam, denn im Fall des Vorhabens des Sauriassl Syndikat-Projekts „Genossenschaftshauses“ an der Trostbergerstraße (Bahnhofsberg) wurde auf einen Stellplatz ganz verzichtet- ohne Ablöse.